Wie auch heutige Projektleiter stand vor fast 240 Jahren der preußische General Carl von Clausewitz vor denselben Herausforderungen. Beide beschäftigten sich mit komplexen Systemen sowie der Dynamik von Plänen. Plan vs. Realität Komplexität und Unsicherheiten in industriellen Großprojekten sind keine neuzeitlichen Phänomene des digitalen Zeitalters. Der Begriff der "Friktion" spielt hierbei eine zentrale Rolle. General Carl von Clausewitz verglich (1832) das physikalische Prinzip der Reibung (Friktion) mit der Kriegsführung. Hierbei verstand er die Friktion als jene Schwierigkeit, welche das Geplante von dem Realen unterscheidet und dies das Ergebnis wesentlich beeinflusst. Von Clausewitz betrachtete die Soldaten als Individuen, welche Ihrer eigenen Friktion unterliegen. Durch die Dauer des komplexen Vorhabens (Kriegshandlungen), wächst die Friktion, infolge der nicht vorhersehbaren Ereignisse. Diese Friktion wirkt somit wesentlich auf den ursprünglichen Schlachtplan ein. Accept changes Sind Parallelen zum modernen Projektmanagement erkennbar? Ja, eindeutig. Realisierte Projekte unterscheiden sich immer wieder wie Sie ursprünglich am Papier geplant wurden. Gründe sind die zahlreichen mehr oder weniger beeinflussbaren Faktoren, welche im Zuge der Projektumsetzung auftreten. Ob fehlerhafte Komponentenauslegungen, Lieferverzögerungen während der Beschaffungsphase oder der Kunkurs von Sublieferanten führt zu unvorhersehbaren Projekt-"Zufällen". Doch was nun tun? Für von Clausewitz war klar, dass Abweichungen und Unwägbarkeiten während einer Schlacht zu akzeptieren sind und diese zum Vorteil für sich zu nutzen sind. Im agilen Manifest von SCRUM lautet das 4. Prinzip auch "Reagieren auf Veränderungen ist wichtiger als Befolgung eines Plans". Reagieren Sie agil Aber wer würde schon auf eine Änderung nicht Reagieren? Jeder (gute) Projektleiter weiß, dass Abweichungen zu Projekteinwirkung führen und somit eine Folgewirkung auf Kosten, Termin oder die Qualität des Liefer- & Leistungsumfangs hat. Jedoch gibt es in so manchen Projekten "statische Projektpläne" - wo man auf die ursprünglich erstellten Kosten- oder Terminpläne beharrt. Planungen sind speziell bei GU-Projekten mit der Vielzahl an Schnittstellenthemen immens wichtig - keine Frage. Doch muss auf veränderte Projektbedingungen die Notwendigkeit von Anpassungen folgen. Projektleiter sind gefordert auf diese Dynamik im Projektgeschehen flexibel zu (re)agieren. Ein Terminplan ist kein Papier, dass einmal erstellt und dann an die Bürowand geklebt wird - sondern ein Plan, bei welchem sukzessive Anpassungen erforderlich sind. Agiles Handeln als Normalzustand Das flexible und dynamische Handeln in sich verändernden Umständen ist heute genauso wichtig, wo sie zu Zeiten von General von Clausewitz waren. Infolge der immer komplexer werdenden Großprojekte, des stetig steigenden Zeit- und Kostendrucks ist davon auszugehen, das Agilität im Projektgeschehen für zukünftige Projektleiter unerlässlich ist. Da stellt sich dann natürlich die Frage, wieso denn Projekte noch planorientiert und nicht vollkommen agil (mittels SCRUM) realisiert werden. Die Frage kann klar beantwortet werden: "Weil vollkommen agiles Handeln in manchen Vorhaben einfach nicht funktioniert". Stellen Sie sich vor der General von Clausewitz wäre mit seinen Truppen einfach vor ein Schlachtfeld getreten und hätte dann Schachzug für Schachzug umgesetzt - ohne jedoch einen gesamtheitlichen Plan und Zielvorstellung zu haben. Hybrides Handeln = Das Beste aus 2 Welten Hybrides Handeln in komplexen Vorhaben ist das Zauberwort. Kombinieren Sie flexibel und situationsbezogen die klassischen Projektmethoden mit den neuen agilen Ansätzen (SCRUM, Kanban). Kombinieren Sie beide Welten in den Rahmenbedingungen, welche vorgegeben sind. Am Schlachtfeld als auch im Projekt sind durchdachte Pläne und dynamisches Handeln gefragt, um ambitionierte Ziele zu erreichen. Autor: Dr. David Kronawttlitner
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