Bereits seit einigen Jahren ist der Begriff "Agilität" in Unternehmen in aller Munde. Eine Horde von Unternehmensberatern, Consultants und selbsterkorenen Besserwissern sind auf dem Zug der agilen Unternehmens-"Bekehrung" aufgesprungen und predigen, dass agiles Projektmanagement DAS Allheilmittel für Projekte sein soll. Agile Bekehrung als reine Berater- "Panikmache" Eine Vielzahl von Consultants werfen mit Begriffen, Konzepten und "selbst-"bewährten Methoden rund um das agile (Projekt-)Management um sich. Im guten Glauben an diese Consultants vertrauen Unternehmen dem Rat und den Meinungen dieser "Spezialisten" und krämpeln Ihr Projektmanagement dementsprechend um. Aber haben die Unternehmer die Standpunkte und Philosophien hinsichtlich agilem (Projekt-)Management hinterfragt? Geht wirklich gar nichts mehr, wenn man agile Grundsätze nicht beachtet? Oder ist das doch einfach nur ein gängiges Berater- Bla-Bla, garniert mit einem Zuckerguss Blödsinn? Nach meiner Einschätzung trifft Berater-"Bullshit" eher dafür zu - aber wieso? Als verkaufsfördernde Wirkung bringen agile Prediger folgende Argumente zum agile Projektmanagement ins Feld:
Alles was von den Beratern als NEU, MODERN, RADIKAL und EXTREM angepriesen wird, verkauft sich natürlich auch besser als (Alt-)Bewährtes. Konservative Branchen, wie der Maschinen- & Industrianlagenbau sowie die Bauindustrie lassen sich schon etwas von dem agilen Allheilmittel verzaubern - gerade auch wenn Consultants erzählen, dass man auf den agilen Zug jetzt aufspringen muss, andernfalls kann man heutzutage keine Großprojekte mehr abwickeln und der Wettbewerb ergattert die zukünftigen Aufträge. "Agilität" lässt die Kassen klingeln - da die konservativen Unternehmen im guten Glauben sind, neue und moderne Grundsätze bringen eine schnellere Projektabwicklung, weniger Projektaufwand, effizienteres Handeln und somit mehr Deckungsbeitrag. Die Kombination von klassichen Projektmanagement-Methoden wird von diesen Consultants als Wirr-Warr und gar Teufelswerk angesehen - es gilt nur das "Entweder-Oder-Prinzip". Aber woher kommt das agile Management eigentlich? Die Idee des agilen Projektmanagement entstand aus der IT-Branche mit den vielfach katastrophalen IT-Projekten, welche neu Methoden suchten, um Projekte endlich erfolgreich abzuwickeln (z.B. siehe Chaos-Report der Standish Group von 30.000 untersuchten IT-Projekten; Ergebnis: Durchschnittliche Terminüberschreitung: 222%; Durchschnittliche Kostenüberschreitung: 189 % bei IT-Projekten). Das die IT-Branche neue Wege benötigte, um Projekte erfolgreich abzuhandeln liegt wohl auf der Hand. Die bekanntesten agilen Methoden wie SCRUM und Kanban entstanden und wurden/werden in der IT eingesetzte und als bewährtes "Medikament" verkauft. Doch die SCRUM- und Kanban-Anwender haben heute erkannt, dass eine Kombination von klassischen und agilem Projektmanagement zielführend ist - abhängig vom Projekt, der Situation, den Mitarbeitern, dem Markt und dem Unternehmen. Agilität vs. Dynamik Das Projektgeschäft verändert sich - keine Fragen. Es wird schneller durch die kürzeren Gesamtlaufzeiten, komplexer infolge der auftraggeberseitig gewünschten Rund-um-Sorglos-Pakete (GU-Projekte) und monetär enger, aufgrund der geringeren Deckungsbeiträge. Aber bring agiles Management wirklich eine Verbesserung? Gehen wir in den Grundsatz was "Agilität" für Projektbeteiligte bedeutet. Agilität ist die Fähigkeit...
Im Kern zielt agiles Projektmanagement auf dem Umgang mit Änderungen, mit einem geringen bürokratischen Aufwand und wenigen Regeln ab. Aber machen dies Projektleiter denn nicht ohnehin schon (ohne agile Methoden)? Projektleiter von (Groß-)Projekten und speziell im Generalunternehmerbereich wissen nur zu gut, dass Änderungen im Projektgeschehen einen normalen Sachverhalt darstellen. Aufgrund der Vielzahl an Fremdgewerken, Sublieferanten und Schnittstellen ist das Handling von Änderungen (bspw. aufgrund konstruktiver Erfordernissen, statischen Berechnungen, bautechnischen Gegebenheiten, etc.) als Generalunternehmer ein "Daily-Business". Diese Änderungen können in Realisierungsprojekte aber nur bis zu einem gewissen Grad und Projektstadium (aufgrund Umsetzbarkeit, vertraglichen Pflichten und pönalisierten Terminen) umgesetzt werden. Die Projektleiter kennen die Dynamik der Projektänderungen und wissen auch damit gekonnt umzugeben. Ist also der Umgang mit dieser Projektdynamik also automatisch "agil"? Agil vs. Project Change Management Im klassichen Projektmanagement gibt es das Änderungsmanagement (Change Request oder Project Change Management) wo mit Änderungswünschen in einem geordneten Weg umgegangen wird. Unternehmen der konservativen Branchen sind aufgrund der Regularien, Unternehmensstrukturen "gezwungen" klassisches Projektmanagement einzusetzen. Funktioniert dieses klassiche Projektmanagement - kann auch das Änderungsmanagement sauber funktionieren - und da benötigt man die Methoden des agilen Projektmanagements nur bedingt bis gar nicht. Natürlich kann man das klassiche Projektmanagement um diese agilen Methoden ergänzen, aber notwendig ist es nicht - auch wenn Ihnen die Beraterbranche dies weiß machen will. Agiles Projektmanagement macht Projekte zwangsläufig nich schneller oder besser. Wenn auf Änderungen in Bau- & Industrieanlagenprojekten nur bedingt eingegangen wird, werden die Methoden des agilen Projektmanagements eine bedingte oder keine Besserung bringen. Klassisches Projektmanagement bietet das Fundament für eine strukturierte prozessuale Abwicklung von Projekten. Ein sauberes Project Change Management ist ein probates Mittel, um mit der Dynamik im Projektgeschehen umgehen zu können. Somit lassen Sie sich nicht von der agilen Bekehrung blenden. Es ist KEIN Allheilmittel, sondern wird von so manchen Dienstleistern als das Must-Have verkauft - und fällt dann unter die Kategorie "Berater-Bullshit". Autor: Dr. David Kronawettleitner
Modetrends gibts es viele - sie kommen und gehen. Viele veraltete Trends - werden nach Jahren wieder aus der Kiste herausgeholt und zu DEM neuen Trend und zum Must-Have auserkoren. Doch sollte man wirklich auch jeden Blödsinn in der Mode mitmachen? Aktuell sind helle oder weiße Sportschuhe - zumeist mit gewebten Muster - für den "Casual -Freizeit Look" ein Muss, speziell für den angesagten Trendsetter. Man muss es einfach tragen, um on vogue zu sein. Die "weißen Sportschuhe" in projektorientierten Unternehmen heißen gerade "agil". Agilität ist angesagt. Überall hört man, was nicht andere Unternehmen alles agil machen. Kein Wunder - ist ja auch zu verlockend, was da (von so manchen Beratungsunternehmen) versprochen wird: Alles wird um vieles schneller, weniger Bürokratie, weniger Papierkram, keine störenden Prozesse und man kann so viel in der Projektrealisierung an Zeit einsparen - wobei man ändern kann was und wie man will. Nein, man soll sogar ändern und den Kunden in der Realisierung einbinden, dass er sich wünschen und ändern kann was er will - zu jedem Zeitpunkt. Wir sind ja so agil und flexibel und können auf alle Wünsche zu jederzeit eingehen - ist ja kein Problem. Überspitzt trichten uns Alle ein: "Nimm eine Prise Agilität2236 und alles in deinen Projekten wird gut." Die Arbeitsweise ist nun auf einm Backlog, Story und Velocity. Und wir machen kein Meeting mehr, sondern haben ein Daily. Jeder schwimmt schon auf der Welle des agilen Modetrends und versucht sich seine "weißen Sportschuhe" möglichst schnell anzuziehen, um vor den anderen Unternehmen anzugeben. Leider zeigt die Realität, dass viele der agilen Gehversuche bedingt oder nicht gut funktionieren. Man könnte sagen, dass die neuen weißen Sportschuhe quasi nicht passen. Als Grund kann man überspitzt zwei Grundrichtungen ausmachen: Die Chaoten Diese Gruppen verwechseln "agil" mit "chaotisch" und erteilen jeder Art von aufgebauter Ordnung und Struktur eine Absage. Alles wird irgendwie angefangen, aber nichts mehr wird fertig bzw. abgeschlossen. Jede noch so dumme Idee bekommt auf einmal eine Chance - schließlich sind ja altbewährte Business Pläne nur mehr old school. Am Ende steht die Erkenntnis, dass agil nicht funktioniert, weil alles im Chaos versinkt. Den Chaoten sei gesagt: Agiles Arbeiten hat Regeln. Jede Freiheit hat ebenfalls Regeln. Wenn man in einem Tierpark die einzelnen Käfige aufgibt und einen großen und offenen Tierpark baut, sind da noch immer Mauern - welche die Tiere drinnen hält. Die Mauern stehen halt woanders. Der Controlletis Sieht aus wie agil, riecht wie agil - ist aber nicht agil. Die Controlletis trauen dem neuen Allheilmittel und Frieden nicht und wollen agil die Stunden messen und kontrollieren. Standardfrage: "Wie agil waren wir heute unterwegs?" "Können sie eine Übersicht aller geplanten und detailliert beschriebenen User Stories der nächsten 6 Monate, mit geplanten Ressourcen aller Sprints, für das nächste Managementmeeting bereit stellen?" Am Ende steht die Erkenntnis, dass agil nicht funktioniert, weil sich ja gar nichts geändert hat. Den Controlletis sei gesagt: Halbherzig ist schlecht, habt vertrauen in euer Projektteam. Genaue Planung ist ein Märchen, egal ob agil oder nicht. Agiles Arbeiten für beschränkte Projekte und Projekphasen kann funktionieren. Es gilt aber die "agile Essenz" zu erkennen, und nicht einfach einen Oldtimer zu einen Sportwagen umzurüsten. Agil ist eine Reise. Wenn es nicht gleich funktioniert, ist Anpassung erwünscht und erforderlich - auch wenn agiles Arbeiten nicht gleich funktioniert. Es ist ein Teil PDCA-Prinzips und übrigens so alt wie völlig aus der Mode gekommenen Cowboy-Stiefel. Nur weil "alle" Anderen weiße Sportschuhe im Büro tragen, ist es nicht unbedingt sinnvoll, dass man mit zu kleinen weißen Schuhe Fussball spielt. Danach wird man keine modischen Trendschuhe haben - sondern mit den bewährten Fussballschuhe tribbeln. Autor: Dr. David Kronawettleitner
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